Die nachhaltige Aufstockung des Gebäudes bietet der FH Münster neue Büros und den Studierenden „Open Space“ und kreative Bereiche.
Beides ist erwünscht, ja notwendig. Viel natürliches Licht für eine guteTageslichtqualität, abgestimmt auf die räumliche Nutzung.
Eine gute variable Verschattung, um die sommerlichen Wärmelasten zu reduzieren. Ein Aspekt der immer mehr im Vordergrund steht, immer wichtiger wird.
Als Verschattungselemente kamen nicht die klassischen Raffstores zur Anwendung, sondern außenliegende Streckmetallelemente. Die Verschattungswirkung dieser Streckmetallelemente galt es im Rahmen des Nachweises Sommerlicher Wärmeschutzzu bewerten. Dies in enger Abstimmung mit den ArchitektInnen.
ARCHPLAN war von Bauherren, dem BLB Münster, beauftragt worden für die Thermische Bauphysik (Energieeffzienzgebäude 40), die Bau -und Raumakustik.
Die Aufstockung des Fachhochschulzentrums an der Corrensstraße ist ein gelungenes Beispiel für das Zusammenwirken von Architektur, Bauphysik und Nachhaltigkeit.
Siehe hierzu auch den Artikel "Tag der Architektur 2024" Architektenkammer NRW
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1912 ein großes Stallgebäude in einer Münsterländer Hofanlage
Heute ein Bildungszentrum für Osteopathie und Physiotherapie für Pferde und Hunde
Ein deutlich neues Nutzungsprofil für dieses Gebäude: eine gänzlich neue Raumaufteilung, höhere Lasteinwirkungen, hohe Anforderung in der Bau- und Raumakustik und des Wärmeschutzes. Verbunden mit der Zielsetzung, möglichst viel der vorhandenen Bausubstanz weiter zu nutzen. Sowie der Wunsch, möglichst viel der vorhandenen Bausubstanz weiterhin sichtbar zu zeigen.
Folglich wurden alle Bauteile hinsichtlich ihrer Bauteilqualitäten untersucht; was kann bewahrt werden, was muss ergänzt werden, was kann auch nur als Sichtelement wieder eingesetzt werden.
Das äußere, für das Münsterland prägende Ziegelmauerwerk, blieb in Gänze erhalten. Die Ziegelfundamente und auch gemauerten Einzelfundamente konnten nach einer statischen Prüfung in Verbindung mit einem Bodengutachten auch für die neuen Lasten genutzt werden. Die Erdgeschosskonstruktion, eine Holzbalkenlage auf Stahlträgern und Stahlstützen, meist bauzeitlich, mit Bauteilergänzungen über die Jahrzehnte hinweg, wurde Bauteil für Bauteil untersucht und statisch hinsichtlich Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit geprüft. Der Großteil dieser Bauteile konnte verbleiben und wurde in Teilen ertüchtigt und ergänzt. Der Dachstuhl, ein doppelstehender Stuhl, konnte seine Funktion nicht weitererfüllen. Die neue Raumstruktur und zerstörende/verstörende Eingriffe in die Tragstruktur, erforderte es die Hauptelemente des Dachstuhls neu aufzustellen. Die alten sichtbaren Sparren unterhalb der neuen aufgesetzten Sparren, auf zwei neuen Mittelpfetten und neuen Stützen. Die Altsparren unterseitig des neuen Pfettendaches in Sichtqualität, getrennt durch eine Dreischichtplatte aus Holz,unter den neuen Sparren. Stahlelemente integriert in die Holzbalkendecke, verbunden mit den sehr hohen Drempeln (1,90 m) sichern die Aussteifung des Daches und das weit auskragende Vordach. Der neue Dachstuhl erlaubte es zudem beidseitig großzügige Gauben aufzusetzen, diese schaffen eine hervorragende Tageslichtqualität im Obergeschoß.
Das Hauptthema in der Bauakustik war die Erdgeschoßdecke, einerseits Sichtqualität unterseitig, andererseits Hörsäle im Obergeschoss bei darunter befindlichen Lounge- und Büfett-Bereichen. Ein hoher Schall- und Trittschallschutz waren gefordert. Die Lösung ist eine biegeweiche schwere Splitt- Schüttung (Köhnke-Schüttung), darauf eine schallabsorbierende Trittschalldämmplatte, schlussendlich ein Heizestrich, die Oberfläche in Sichtqualität. Die Trennwände in Obergeschoss Doppelständer, beplankt mit Gipsbauplatten, eingelegte Mineralfaser, Platz für die Integration von Lüftungselementen und Gebäudetechnik. Die integrierten Gläser sind darauf abgestimmt.
Die neue Nutzung forderte ein gute Raumqualität hinsichtlich von hohen innerseitigen Oberflächentemperaturen, besonders im Winter, einem guten sommerlichen Wärmeschutz, und eine sehr gute Raumluftqualität.
In das Bestandsgebäude wurde eine lückenlose, fast wärmebrückenfreie Dämmhülle eingestellt. Die neue Bodenplatte erhielt unterseitig eine dämmende Glasschaumschotterschicht, oberseitig einen schwimmenden Estrich. DieAußenwände innenseitig mit einer gedämmten Vorsatzschale (Holzständer,Holzfaserdämmung). Im Obergeschoss darauf die raumakustisch wirksamen, auf Spalt gesetzten, gekanteten Holzleisten auf einem Akustikvlies zur Oberflächenstrukturierung in den Hörsälen.
Die neuen Fenster mit einer Dreifachverglasung. Die neuen mineralischenTreppenhäuser wurden durch eine Steinfaserdämmung vom Außenmauerwerk entkoppelt, neu hineingestellt.
Für die Dämmung kamen Recyclingprodukte und Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zum Einsatz.
Die Dämmung der Bodenplatte mit Glasschaumschotter, ein 100% Recyclingprodukt. Ein Großteil der Innendämmung mit Holzfaserdämmstoffen, die zwischen den neuen Sparren auf der Mehrschichtplatte mit Hanfwolle, die Aufdachdämmung aus Holzfaser.
In Sachen Technik kamen zum Zuge eine Luftwasserwärmepumpe, unterstützt durch eine Fotovoltaikanlage. Die Wärmeverteilung erfolgt in beiden Ebenen mittels Fußbodenheizung. Für eine durchgehend gute Luftqualität, insbesondere in den Hörsälen, sorgt eine Lüftungsanlage mit hoher Wärmerückgewinnung.
Das Fazit: eine Effizienzgebäude 70 nach KFW-Standard, mit EE-Qualität, die Energie kommt fast in Gänze aus erneuerbaren Energien. Vorbildlich für ein Bestandsgebäude, ein Beitrag zum Klimaschutz.
Für die Bauenden, neben den hohen Gebäudequalitäten, zudem eine ansprechende Förderung durch die KFW-Bank.
Dipl.Ing.Bernd Leuters, Archplan
BeratenderIngenieur, IK NW
EnergieberaterDenkmal, WTA
Leistungen ARCHPLAN: Tragwerksplanung, Thermische Bauphysik, Bauakustik, Förderberatung und Förderbegleitung.
Siehe hierzu auch den Artikel "Tag der Architektur 2024" Architektenkammer NRW